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Zur Wechselwirkung zwischen Betreuung und Unterhalt

Wenn die Eltern sich trennen, bedarf es neben der Regelung des Geldunterhaltsanspruches des Kindes auch der Regelung des Kontaktrechtes zwischen dem Kind und dem Elternteil, bei welchem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält.

Das in den letzten Jahren und Jahrzehnten praktizierte Modell des (bloß) üblichen „Besuchsrechts“ des (meist) Vaters (alle zwei Wochen zwei Tage und vielleicht ein bis zwei Wochen in den Sommerferien) hat immer mehr ausgedient.

Immer häufiger finden die Eltern Lösungen dahingehend, dass das Kind auch immer mehr von jenem Elternteil, bei dem es sich nicht hauptsächlich aufhält, betreut wird.

Praktizieren die Eltern das alte Modell, so wirkt sich dies auf die Unterhaltspflicht nicht aus.

Wenn der Elternteil, bei welchem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, das Kind nur alle 14 Tage über das Wochenende und in den Ferien sieht, schmälern Aufwendungen während der Ausübung dieses üblichen Kontaktrechtes den Geldunterhalt grundsätzlich nicht.

Teilen sich die Eltern die Betreuung in einem Ausmaß, das über den Rahmen des üblichen persönlichen Kontaktes des Elternteiles hinausgeht, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, ist nach der jüngeren Rechtsprechung der zu leistende Geldunterhalt zu reduzieren, wenn der Geldunterhaltspflichtige – über ein übliches Kontaktrecht hinaus – Naturalunterhalt leistet.

Die Rechtsprechung neigt dazu, in der Regel den Unterhaltsanspruch altersunabhängig um 10 % pro wöchentlichen Betreuungstag zu reduzieren, an dem sich das Kind über das übliche Ausmaß des Kontaktrechtes hinaus beim geldunterhaltspflichtigen Elternteil befindet. Als üblich wird ein Kontaktrecht von einem Tag pro Woche angesehen.

Je mehr das Kind über diese üblichen Kontaktrechte hinaus auch von demjenigen Elternteil, bei dem es sich nicht hauptsächlich aufhält, betreut wird, desto mehr ist die Unterhaltspflicht zu reduzieren. Allerdings sind immer die Verhältnisse, insbesondere auch die Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen.

Zu einem gänzlichen Entfall des Geldunterhaltsanspruches des Kindes kommt es im Sinne des betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodelles nur dann, wenn gleichwertige Betreuungs- und Naturalleistungen der Eltern vorliegen und das Einkommen der Eltern etwa gleich hoch ist oder bei beiden Eltern hinsichtlich des Einkommens die sogenannte Luxusgrenze überschritten wird. Voraussetzung für den gänzlichen Entfall des Geldunterhaltes ist nach der Rechtsprechung neben der gleichwertigen Betreuungs- und Einkommenssituation auch, dass auch die sonstigen (bedarfsdeckenden) Naturalleistungen von beiden Eltern etwa gleichwertig erbracht werden. Wenn diese Naturalleistungen nicht von beiden Eltern gleichwertig erbracht werden, steht dem Kind weiterhin ein Restgeldunterhaltsanspruch gegenüber dem leistungsfähigeren und / oder weniger betreuenden Elternteil zu.

Nach dem betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell haben sich auch beide Eltern an sämtlichen längerlebigen Aufwendungen zu beteiligen, und zwar jeweils im Verhältnis der Einkommen der Elternteile. Beim alten Modell, wo nur der Fixunterhalt zu zahlen ist, ist dies nicht der Fall.

Zusammengefasst ist die Situation derzeit diejenige, dass wenn über das übliche (alte) Ausmaß hinaus auch von demjenigen Elternteil, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, betreut wird, dieser grundsätzlich Anspruch darauf hat, dass sich der von ihm zu zahlende Geldunterhalt verringert, jedoch sind immer die konkreten Umstände, wie das Ausmaß der zusätzlichen Betreuung, das Ausmaß der Leistung von Naturalleistungen sowie die Einkommen der Eltern zu berücksichtigen, sodass jeder Fall einzeln beurteilt werden muss.