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Wiederaufnahme im Strafverfahren

Wurden Sie von einem Strafgericht zu Unrecht schuldig gesprochen und rechtskräftig verurteilt, so besteht für Sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Wiederaufnahme dieses Strafverfahrens zu beantragen. Unter Wiederaufnahme ist die Wiederholung oder das neuerliche Aufrollen eines Strafverfahrens zu verstehen, das bereits mit einer rechtskräftigen Entscheidung beendet wurde. Allein die Behauptung, dass man unschuldig ist, reicht für die Wiederaufnahme jedoch nicht aus. Vielmehr muss ein Grund vorliegen, der geeignet ist, die Rechtskraft dieser Entscheidung zu durchbrechen. Im Gesetz sind drei Fälle für die Wiederaufnahme angeführt. Die Wiederaufnahme ist zulässig, wenn die Verurteilung durch eine Straftat einer dritten Person veranlasst wurde. Als Beispiel sind die Urkundenfälschung, die falsche Beweisaussage und die Bestechung zu nennen. Weiters ist die Wiederaufnahme dann möglich, wenn der Verurteilte neue Tatsachen oder Beweismittel beibringt, die geeignet erscheinen, einen Freispruch oder eine mildere Strafe zu begründen. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass ein Beweismittel dann neu ist, wenn es in der Hauptverhandlung noch gar nicht vorgekommen ist. Schließlich kommt eine Wiederaufnahme dann in Frage, wenn wegen derselben Tat zwei oder mehrere Personen durch verschiedene Entscheidungen verurteilt wurden, und bei Vergleich dieser Entscheidungen und der ihnen zugrunde liegenden Tatsachen die Nichtschuld einer oder mehrerer dieser Personen notwendig anzunehmen ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Schuldsprüche dieselbe Tat betreffen, inhaltlich zwingend unvereinbar sind und deshalb die Nichtschuld zumindest eines Verurteilten zwingend anzunehmen ist.

Der Antrag auf Wiederaufnahme allein hemmt den Vollzug der Strafe nicht. Der Vollzug der Strafe wird nur dann gehemmt, wenn das Gericht – auf Antrag oder von Amts wegen – die Hemmung der Strafe für angemessen erachtet und mit Beschluss die Hemmung ausspricht. Durch die Bewilligung der Wiederaufnahme wird der rechtskräftige Schuldspruch aufgehoben und tritt das Verfahren in den Stand des Ermittlungsverfahrens. Erst durch die Bewilligung des Wiederaufnahmeantrages wird der Vollzug der Strafe unverzüglich eingestellt. Das Gericht hat aber auch die Möglichkeit, sofort ein Urteil zu fällen, wodurch der Beschuldigte freigesprochen oder seinem Antrag auf Anwendung eines milderen Strafsatzes stattgegeben wird. Abschließend ist zu erwähnen, dass wenn die Wiederaufnahme nur zugunsten des Angeklagten bewilligt wurde, das Verbot der Verschlechterung gilt und der Angeklagte nicht strenger bestraft werden kann.