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Verkehrssicherungspflichten

Herr N. war Anfang Jänner 2015 am frühen Morgen am Weg zur Arbeit. Da Herr N. verschlafen hatte, stoppte er noch kurz an einer Tankstelle um sich einen Kaffee zu besorgen. Bei Verlassen des Tankstellengebäudes kam Herr N. zu Sturz. Da Herr N. ohnedies in Eile war, fuhr er trotz Schmerzen direkt zur Arbeit, ohne das Tankstellenpersonal auf seinen Sturz hinzuweisen. Dies obwohl Herr N. vor Ort feststellen musste, dass er auf einer „Eisplatte“, welche sich im unmittelbaren Bereich des Einganges zum Tankstellengebäude befand, ausgerutscht war.

 

Als im Zuge des Vormittages die Beschwerden von Herrn N. immer stärker wurden, begab er sich in ärztliche Behandlung, wobei in der Folge eine Meniskusverletzung festgestellt wurde, welche schlussendlich operativ behoben werden musste.

In der Folge wendete sich Herr N. an einen Rechtsanwalt um Schadenersatzansprüche gegen den Tankstellenbetreiber geltend zu machen. Aufgrund des Umstandes, dass der Schaden von Herrn N. nicht zugleich beim Tankstellenpersonal gemeldet wurde hat der Tankstellenbetreiber jegliche Schadenersatzansprüche abgelehnt.

Im nunmehrigen Gerichtsverfahren wird Herr N. nachzuweisen haben, dass die Verletzung tatsächlich durch einen Sturz am Tankstellengelände entstanden ist und Ursache des Sturzes die Eisplatte war, was dies die Gegenseite bestreitet.

Sollte Herrn N. der Beweis gelingen, würde eine Haftung des Tankstellenbetreibers grundsätzlich bestehen. Dieser hätte dann nämlich seinerseits nachzuweisen, dass er seinen Verkehrssicherungspflichten nachgekommen ist und die hierzu erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Derartiges ist beim Vorhandensein einer Eisplatte im Eingangsbereich eines Tankstellengebäudes nicht anzunehmen, da aus Sicht des Tankstellenbetreibers mit entsprechender Kundenfrequenz zu rechnen ist. Die Gefahrenstelle hätte daher durch Aufbringen von Streusalz oder Split beseitigt werden müssen bzw. wäre zumindest eine entsprechende Hinweistafel auf die Gefahrenstelle aufzustellen gewesen.



Nachträglich betrachtet wäre es aus Sicht von Herrn N. aber wichtig gewesen, den Sturz sogleich dem Tankstellenbetreiber zu melden und mit der Kamera seines Smartphones Beweisfotos von der Eisplatte anzufertigen. Noch besser wäre es gewesen, durch die Polizei eine behördliche Unfallaufnahme zur Dokumentation der vorhandenen Eisplatte zu verlangen, zumal aufgrund seiner bereits am Unfallort aufgetretenen Schmerzen, der Verdacht einer „fahrlässigen Körperverletzung“ im Raume stand.

Da Herr N. sämtliche dieser Maßnahmen unterlassen hat, wird im Zuge des abzuführenden Verfahrens das Gericht zu entscheiden haben, ob allein aufgrund der Aussagen von Herrn N. das Sturzereignis aufgrund einer Eisplatte als glaubwürdig erachtet wird oder nicht. Ob Herrn N. dieser Nachweis gelingen wird, bleibt abzuwarten.