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SCHEIDUNG – SITUATION IN ÖSTERREICH

Laut Statistik Austria wurden im Jahr 2018 insgesamt 16.304 Ehen geschieden. Die Gesamtscheidungsrate lag bei 41 %. 86,3 % aller Scheidungen wurden einvernehmlich geschieden. Abgesehen von den einvernehmlich geschiedenen Ehen – die oftmals als streitige Verschuldensscheidung bei Gericht anhängig gemacht werden – um eine einvernehmliche Vergleichssituation zu schaffen, ist die Verschuldensscheidung die wichtigste Scheidungsart.

Technisch ausgedrückt ist die Ehe ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis. Anders als bei anderen Dauerschuldverhältnissen ist eine einseitige Kündigung des Ehevertrags nicht möglich. Gegen den Willen (also nicht im Einvernehmen) des Ehepartners kann eine Ehe in Österreich nur geschieden werden, wenn der Ehegatte eine sogenannte „schwere Eheverfehlung“ (§ 49 EheG) begangen und diese Eheverfehlung zu einer unheilbaren Zerrüttung der Ehe geführt hat. In einem streitigen Scheidungsverfahren hat der Scheidungsrichter in seinem Urteil festzuhalten, welcher der Eheleute die Eheverfehlung begangen hat und ob das weitere Zusammenleben unzumutbar ist. Unheilbar zerrüttet ist eine Ehe, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist.

Der Verschuldensausspruch kann erhebliche Bedeutung für einen allfälligen nachehelichen Unterhalt haben (§ 66 EheG).

Die Scheidung der Ehe kann begehrt werden, wenn der andere durch eine schwere Eheverfehlung oder unsittliches Verhalten die gemeinsame Ehe so tief zerrüttet hat, dass die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist (§ 49 EheG).

Ein ehrloses oder unsittliches Verhalten ist ein solches Verhalten, das zwar nicht gegen die ehelichen Pflichten verstößt, sich allerdings auch nicht primär gegen den anderen Ehegatten richten muss. Dabei handelt es sich um Verstöße gegen rechtliche oder sittliche Normen. Zu diesen Verstößen gehören Straftaten gegenüber anderen Personen, die so schwer sind, dass deren Begehung zur völligen Entfremdung der Ehegatten führt (bspw Betrug § 146 StGB; Diebstahl § 127 StGB).

Als schwere Eheverfehlung benennt das Ehegesetz demonstrativ den Ehebruch, die Zufügung von körperlicher Gewalt oder seelischem Leid. Tatsächlich sind die Gründe einer schweren Eheverfehlung mannigfaltig. Der Oberste Gerichtshof hat zu diesen Gründen eine reichhaltige Judikatur entwickelt. Als Gründe einer schweren Eheverfehlung können bspw Trunksucht, Drogenkonsum, ständige Streitereien, Verweigerung des Geschlechtsverkehrs, grundlose Eifersucht, andauerndes liebloses und feindseliges Verhalten oder beharrliches Schweigen etc. genannt werden. Werden mehrere Eheverfehlungen gesetzt – die aber einzeln für sich betrachtet nicht als schwer anzusehen sind – können diese aufgrund einer dauerhaften und wiederholten Begehung einen Scheidungsgrund bilden.

Das Recht auf Scheidung wegen einer schweren Eheverfehlung des Ehegatten erlischt, wenn sich aus dem Verhalten des verletzten Ehegatten ergibt, dass er die Verfehlung verziehen oder nicht als ehezerstörend empfunden hat (§ 56 EheG). Laut Oberstem Gerichtshof ist eine Verzeihung nur dann anzunehmen, wenn der verletzte Ehegatte durch sein Gesamtverhalten zum Ausdruck bringt, dass er das als Eheverfehlung empfundene Fehlverhalten seines Partners nicht mehr als solches betrachtet und daher vorbehaltlos bereit ist, mit ihm die Ehe fortzusetzen.

Bei einer Verschuldensscheidung gibt es diverse Fallstricke zu beachten. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, in einem frühen Stadium mit einem Rechtsanwalt in Kontakt zu treten und die weiteren Schritte zu planen.