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Partnerschaftliche Ausrichtung der Ehe

Ein Ehegatte kann die Scheidung begehren, wenn der andere durch eine schwere Eheverfehlung die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, dass die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann. Eine schwere Eheverfehlung liegt insbesondere vor, wenn ein Ehegatte die Ehe gebrochen oder dem anderen körperliche Gewalt oder schweres seelisches Leid zugefügt hat.

Der OGH hat jüngst ausgesprochen, dass es eine schwere Eheverfehlung darstellt, wenn ein Partner den anderen nicht dabei unterstützt, ein im Rahmen einer Therapie erarbeitetes gesteigertes Selbstwertgefühl zu entfalten. Beginnt sich beispielsweise die früher unterwürfige Ehefrau zu emanzipieren, sollte der Ehemann dies weniger als Belastung, sondern mehr als Ausdruck einer partnerschaftlichen Ausrichtung der Ehe sehen.

Streitet dagegen der Ehemann nur mehr mit seiner sich objektiv positiv verändernden Ehefrau und empfindet er diesen Veränderungsprozess lediglich als Belastung, so verhält er sich ehewidrig. Es stellt folglich kein mit der Ehe im Einklang stehendes Verhalten dar, wenn ein Ehegatte es nicht zulassen möchte, dass sein Ehepartner sich objektiv positiv verändert.

Der OGH hat damit klar gestellt, dass die Ehe einen partnerschaftlichen Veränderungsprozess mitumfasst, wenn dies die seelische und gesundheitliche Entwicklung eines Ehegatten erfordert.