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Ehescheidung: Neue OGH-Entscheidung zur Verschuldensteilung

Neben einer einvernehmlichen Scheidung kann die Ehe auch wegen Verschulden eines Ehepartners geschieden werden. Eine Ehescheidung aus Verschulden kann dann beantragt werden, wenn ein Ehepartner durch eine schwere Eheverfehlung die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, dass die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht mehr zumutbar ist. Wenn beide Ehepartner Eheverfehlungen gesetzt haben kann eine Verschuldensteilung erfolgen und kann die Ehe entweder aus gleichteiligem Verschulden oder aus dem überwiegenden Verschulden eines der Eheleute geschieden werden. Die Verschuldensteilung ist für die Folgen der Scheidung (z.B. Unterhalt) ausschlaggebend.

Ein Recht auf Verschuldensscheidung steht dem Ehegatten nicht zu, der die Verfehlung des anderen Ehegatten verziehen oder nicht als ehezerstörend empfunden hat bzw nicht binnen 6 Monaten ab Kenntnis des Scheidungsgrundes die Scheidungsklage eingebracht hat. Nach der Judikatur kann aber die Berücksichtigung verjährter und verziehener Eheverfehlungen zur Verschiebung des Grades des Verschuldens führen. Solche Eheverfehlungen sind nur grundsätzlich geringer zu bewerten, je länger sie zurückliegen. Auch frühere Eheverfehlungen sind daher in die Gesamtabwägung einzubeziehen.

So hat zum Beispiel der OGH jüngst ausgesprochen, dass gleichteiliges Verschulden an der Scheidung einer durch das „extrem dominante“ Verhalten des Mannes geprägten Ehe vorliegt, obwohl die Frau eine ehewidrige Beziehung einging und auf die Beendigung der Ehe drängte.

In diesem Fall litt die Frau während der Ehe unter dem dominanten Verhalten des Mannes, der sie trotz gesundheitlicher Komplikationen mehrfach zu einer künstlichen Befruchtung drängte, Einkäufe für den persönlichen Bedarf der Frau missbilligte und die Versuche der Frau, ihre unterwürfige Disposition in Richtung einer partnerschaftlichen Ausrichtung der Ehe zu verändern, nicht akzeptierte. Die Frau ging schließlich eine ehewidrige Beziehung ein und drängte auf die Beendigung der Ehe ohne ihr eine Fortsetzungschance zu geben.

Da das Verhalten des Mannes nicht im Sinne dieser Rechtsprechung vernachlässigt werden konnte, war von gleichteiligem Verschulden auszugehen.