Veröffentlichung


Die unterschiedlichen Arten der Scheidung nach österreichischem Recht

Nach österreichischem Recht gibt es – soweit für die Praxis wesentlich – grundsätzlich drei verschiedene Arten der Scheidung.

Zunächst gibt es die Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung. Diese ist grundsätzlich zu bevorzugen, da diese rasch und kostengünstig abgewickelt werden kann und darüber hinaus am ehesten dazu führt, dass die (ehemaligen) Ehegatten auch nach der Scheidung noch ein relativ „intaktes“ Verhältnis zueinander haben können, was insbesondere im Zusammenhang mit gemeinsamen Kindern von immenser Bedeutung ist. Einvernehmliche Scheidungen setzen jedoch voraus, dass sich die Ehegatten in sämtlichen Scheidungspunkten einig sind. Dies betrifft sowohl die Kindesobsorge und das Kontaktrecht zu den Kindern, wie auch den Kindesunterhalt und darüber hinaus auch eine Regelung betreffend den Ehegattenunterhalt und die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Daneben ist Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung, dass die Lebensgemeinschaft mindestens ein halbes Jahr aufgehoben ist und beide Ehegatten die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zugestehen. Sofern minderjährige Kinder vorhanden sind, muss darüber hinaus eine Elternberatung vor der Scheidung durchgeführt werden. Diese hat zum Ziel, dass sich die Ehegatten über die spezifischen aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer minderjährigen Kinder bei einer geeigneten Person oder Einrichtung hat beraten lassen.

Sofern es zu keiner einvernehmlichen Scheidung kommt, gibt es die Möglichkeit sich durch Einbringung einer Scheidungsklage scheiden zu lassen, sofern der andere Ehegatte eine schwere Eheverfehlung begangen hat, welche die Ehe so tief zerrüttet hat, dass die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann (sogenannte „Verschuldensscheidung“). Was unter einer schweren Eheverfehlung verstanden wird, wurde durch zahlreiche Judikatur näher determiniert und muss im Einzelfall näher beleuchtet werden.

Die dritte in der Praxis relevante Möglichkeit einer Scheidung ist diejenige nach dreijährigem Getrenntleben. Ist nämlich die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit drei Jahren aufgehoben, so kann jeder Ehegatte wegen tiefgreifender unheilbarer Zerrüttung der Ehe deren Scheidung begehren.

Im Gegensatz zur einvernehmlichen Scheidung erfolgt bei der sogenannten Verschuldensscheidung wie auch bei der Scheidung wegen dreijährigem Getrenntleben zunächst nur ein Verfahren betreffend der Frage, ob die Scheidung durchgeführt wird und wenn ja aus wessen Verschulden. Erst wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, können weitere Anträge betreffend den Scheidungsfolgen (Kindesunterhalt, Kindesobsorge, nachehelicher Ehegattenunterhalt, Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse) anhängig gemacht werden. Diesbezüglich werden wiederum eigene Verfahren geführt.

Unterm Strich muss gesagt werden, dass jedenfalls einer einvernehmlichen Scheidung der Vorzug zu geben ist. Es sollte daher stets mit Bedacht an eine Scheidung herangegangen werden und sollte – insbesondere zum Wohle der gemeinsamen Kinder – stets versucht werden, eine Lösung zu erzielen, welche auch für das weitere Leben eine Basis zwischen den (ehemaligen) Ehegatten schafft.