Veröffentlichung


Der verschuldensunabhängige Unterhalt

Für bestimmte Ausnahmefälle räumt das Gesetz einen Unterhaltsanspruch unabhängig vom Verschulden, mithin auch zu Gunsten des (überwiegend) schuldigen Ehegatten ein. Dieser Unterhaltsanspruch steht zum einen dann zu, wenn dem schuldigen Ehegatten aufgrund der Kindererziehung im Hinblick auf das Kinderwohl nicht zumutbar ist, für den eigenen Unterhalt aufzukommen. Zum anderen steht er dann zu, wenn der schuldige Ehegatte sich während der Ehe aufgrund der getroffenen Lebensgestaltung voll der Haushaltsführung gewidmet hat und nun aufgrund mangelnder Aus- oder Fortbildung, der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft, seines fortgeschrittenen Alters oder seiner Gesundheit nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten. Diesfalls steht ihm ein Unterhaltsanspruch nach seinem Lebensbedarf zu.

Nach der aktuellen Rechtsprechung hängt die Beurteilung, ob diese vom Gesetzgeber ausdrücklich „nur für bestimmte Härtefälle als Ausnahmeregelung gedachte“ Bestimmung zur Anwendung kommt, jeweils von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab; dabei hat eine umfassende Interessensabwägung der Unbilligkeitsgründe nach den Umständen des Einzelfalls stattzufinden.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die noch in den 1950er und 1960er Jahre vertretene (etwas seltsam anmutende) Meinung, die Berufstätigkeit der Mutter sei „für die geistige und seelische Entwicklung heranwachsender Kindern schädlich“, mittlerweile überholt ist.

Ausgeschlossen ist der verschuldensunabhängige Unterhaltsanspruch bei Unbilligkeit des Begehrens. Als Unbilligkeit wertet das Gesetz beispielsweise, wenn einseitig eine besonders schwere Eheverfehlung gesetzt oder die Bedürftigkeit schuldhaft herbeigeführt wurde bzw wegen kurzer Ehedauer. Diese Umstände könnten einem Anspruch auf verschuldensunabhängigen Unterhaltsanspruch entgegengehalten werden, wobei diesbezüglich eine genauere Überprüfung durch einen Rechtsanwalt empfehlenswert ist.